Erzieher/innen an Universitäten – eine qualitative Untersuchung von 1998

In den letzten zwanzig Jahren ist das Qualifikationsniveau der Erzieherinnen in den Kitas enorm gestiegen, und daher fordern GEW und verdi zu recht eine Höhergruppierung. Seit einigen Jahren bieten viele Fachhochschulen Bachelor-Studiengänge an, die auch nachgefragt werden. Damit wird eine Entwicklung befördert, die sich bereits in den 1990er Jahren abzeichnete, wie aus der vorliegenden qualitativen Untersuchung hervorgeht. In dieser Untersuchung wurden 20 Erzieherinnen, darunter zwei Männer, befragt, die an der Universität Kassel studierten und den akademischen Abschluss des Diplomsozialpädagogen/Sozialarbeiters anstrebten.

Wilma Aden-Grossmann / Karin Plötz-Hesse / Britta Steinkamp

Luxusstudium in der Sackgasse“ – Studierende mit Erzieherausbildung am Fachbereich Sozialwesen der Universität Kassel

in: prisma – Zeitschrift der Universität Gesamthochschule Kassel, Nr. 55, Januar 1998, S. 44 -52.

1. Einführung

Der grundständige Studiengang im Fachbereich Sozialwesen vermittelt die Doppelqualifikation zum Diplom-Sozialarbeiter und -Sozialpädago­gen. Die Studierenden sollen durch das Studium wissenschaftlich-methodische und berufspraktische Fähigkeiten und Kenntnisse erwerben. Das Curriculum zeichnet sich also dadurch aus, daß es theoretische und berufspraktische Anteile enthält. Einen hohen Stellenwert haben innerhalb des Studiums folglich sowohl das Projektstudium als auch die berufspraktischen Studien (Abk. BPS), die an die Stelle des Anerkennungsjahres getreten sind. In dem Projektstudium sollten erste Einblicke und Kenntnisse des Berufsfeldes vermittelt und durch die berufs­praktischen Studien Handlungskompetenzen erworben werden. Hierzu heißt es in der Prüfungsordnung (Erlaß vom 29. Januar 1993, Abl 10/94) daß es das Ziel sei, die Studentin bzw. den Studenten

an selbständige professionelle Tätigkeit im Bereich der Sozialarbeit oder Sozialpädagogik heran zuführen.“ (Anlage 5)

Die Prüfungsordnung geht also implizit von dem sog. „Normalstudenten“ aus, der über keine beruflichen Erfahrungen verfügt, sondern nach dem Abitur ein Studium aufnimmt. Dies trifft am Fachbereich Sozialwesen für höchstens die Hälfte der Studierenden zu. Ein hoher Anteil der Studierenden hat bereits eine Berufsausbildung absolviert und blickt z.T. auf eine lange berufliche Erfahrung zurück. Innerhalb dieser Gruppe von Studierenden bilden die Erzieher und Erzieherinnen insofern noch eine besondere Gruppe, als ihre Berufsausbildung sie zum Teil für die gleichen Berufsfelder qualifiziert, allerdings auf einem niedrigerem Niveau, für das auch das Studium zum Sozialpädagogen/-arbeiter ausbildet. Die besonderen Voraussetzungen dieser Gruppe werden in der Prüfungsordnung dadurch berücksichtigt, daß die berufliche Praxis mit einem halben Jahr angerechnet werden kann. D.h. auf Antrag kann der Prüfungsausschuß in Ausnahmefällen gestatten, daß anstelle der BPS II eine wissenschaftliche Hausarbeit verfaßt wird. Es heißt dann ausdrücklich:

Eine andere Form der Berücksichtigung vorausgegangener Praxiszeiten ist nicht zulässig.“

Es werden also keine Studienzeiten angerechnet. Formal sind die Studierenden, die eine ErzieherInnenausbildung vorweisen können den anderen StudentInnen gleichgestellt, dennoch stellen sie am Fachbereich eine besondere Gruppe dar, die sich nach unseren Beobachtungen durch die folgenden Verhaltensweisen auszeichnet:

  • Sie sind es gewohnt, Verantwortung für sich selbst und für die Gruppe, mit der sie arbeiten, zu übernehmen.

  • Ihre Beiträge zu Diskussionen und in Referaten stehen häufig im Kontext ihrer Praxiserfahrungen. Ihre Beiträge in Seminaren sind damit insbesondere für Studierende ohne Praxiserfahrung bereichernd.

  • Wissenschaftliche Texte werden überwiegend an ihrem „Nutzen“ oder „Erklärungs-wert“ für die Praxis gemessen. Damit unterliegen sie aber auch der Gefahr eines verengten Blickwinkels.

  • Sie studieren stark ergebnis- und zielorientiert, wobei die Zeitökonomie eine starke Rolle spielt.

Diese Beobachtungen haben uns veranlaßt uns näher mit dieser Gruppe der Studierenden zu befassen. Uns interessierten dabei folgende Fragen:

1. Welche Motive für die Berufswahl zur ErzieherIn lagen vor?

2. Wie ist ihre Berufsbiografie bis zur Aufnahme des Studiums verlaufen?

3. Welche beruflichen Vorerfahrungen bringen diese Studierenden mit ein?

4. Wie bewerten sie rückblickend die Belastungen im Beruf?

5. Welche Motive waren für die Aufnahme eines Studiums maßgeblich?

6. Welche Erwartungen haben sie an das Studium? und

7. welche Perspektiven nach Abschluß des Studiums?

1.1 Zur Untersuchungsmethode

Die größte methodische und praktische Schwierigkeit bei der Durchführung der Untersuchung lag für uns darin, daß wir auf Grund der Datenlage nicht ermitteln konnten, wie viele und vor allem welche Studentinnen und Studenten eine ErzieherInnenausbildung absolviert hatten. Wir haben also in mehreren Seminaren und Vorlesungen gefragt, wer ErzieherIn ist, und diese dann um Mitarbeit gebeten. Auf diesem Wege ermittelten wir 31 Erzieher und Erzieherinnen, von denen wir 20 befragen konnten. Von den Befragten waren 18 Frauen und 2 Männer. Die Bereitschaft, ein Interview zu geben war im allgemeinen sehr groß und insgesamt wurde das Vorhaben von den Befragten sehr begrüßt. Die Untersuchung ist also nicht repräsentativ; dennoch sind wir der Auffassung, daß wir eine genügend große Zahl interviewt haben, um ein facettenreiches Bild dieser Gruppe von Studierenden zeichnen zu können.

Die Interviews, die eine Studentin im 5. Semester, die ebenfalls Erzieherin ist, im WS 95/96 durchführte, wurden mit dem Tonbandgerät aufgezeichnet und anschließend transkribiert. Für die Interviews lag ein Leitfaden vor, der im wesentlichen die angegebenen Fragen enthielt. Die Interviews wurden sodann inhaltsanalytisch ausgewertet. Die Interviews wurden anonymisiert, indem sie numeriert wurden ( I. 1 -I. 20 ).

Für die Auswertung benutzten wir erstmals das Computerprogramm „ATLAS/ti“. Das Softwareprogramm ATLAS/ti ist ein relativ neues Programm zur computerunterstützten Textinterpretation. Es wurde 1989 – 93 an der Technischen Universität Berlin im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojekts ATLAS („Archiv für Technik, Lebenswelt und Alltagssprache“) entwickelt. Bei der Auswertung unsereses umfangreichen Materials erwies es sich als hilfreich.

2. Motive der Berufswahl

Uns interessierte die Frage, wie die Entscheidung, Erzieherin oder Erzieher zu werden, zustandekam. Von den 20 Interviewten wußten 11 schon sehr früh, daß sie im sozialen Bereich arbeiten wollen. Neun der Befragten haben sich schon früh bewußt entschieden ErzieherIn zu werden. Als Berufsmotivation gaben diese Befragten in der Regel an, daß ihnen die Arbeit mit Kindern Spaß macht. I 12 wollte, solange sie denken kann“, Erzieherin im Kindergarten werden, auch bei I 10 stand die Entscheidung früh fest:

Ich wußte also schon mit sechs Jahren, daß ich Erzieherin werden will.“

I. 8 und I. 3 haben zunächst eine KinderpflegerInnenausbildung absolviert, bevor sie sich entschlossen, eine ErzieherInnenausbildung darauf aufzubauen. I. 15 wollte „schon immer was im sozialen Bereich machen.“ Nach einem abgebrochenen Theologiestudium entschied sie sich für die ErzieherInnenausbildung: „Ich hab dann halt gedacht, mit Erzieherin kann ich nachher(…) am meisten machen, also mich in alle möglichen Richtungen entwickeln.“

Auch für I. 5 stand fest: „Ich wollte in die Richtung Pädagogik.(…) Weil ich aber von der Schule abgegangen bin, ist das nichts geworden, und ich hab dann angefangen mit der (…) Fachschule.“

Bei sieben Befragten spielten, Eltern und FreundInnen bei der Entscheidung eine wichtige Rolle. „Ich war noch nicht so alt, daß ich großartig entscheiden konnte oder wollte was ich werden will.“( I. 11)

I. 1 wurde von der Berufsberatung eine Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte empfohlen, die ihr aber keinen Spaß machte. Durch eine Bekannte entstand der Wunsch Erzieherin zu werden. „Dann hab ich die Ausbildung erst einmal fertig gemacht, und danach ein Freiwilliges Soziales Jahr um in den Beruf hinein zu schnuppern. Dann hab ich gemerkt, das macht mir Spaß, das ist es.“(I 1).

I. 14 wollte Raumausstatterin werden, bevor sie sich für die ErzieherInnenausbildung entschied. Sie betreute nachmittags Nachbarskinder, “ und in der Schule hat immer ein Mädchen zu mir gesagt, du wärst die ideale Erzieherin,(…) und dann hab ich’s einfach ausprobiert.“

Die Eltern von I. 16 wollten, daß sie eine Bank­lehre absolviert, das konnte sie jedoch „glorreich abwürgen“. Eine Alternative hatte sie von sich aus nicht. Der Anstoß für eine ErzieherInnenausbildung kam durch eine Schulfreundin, und durch die Gemeinde, die ihr einen Vorpraktikumsplatz in einem Kindergarten anbot. I. 18 ließ sich von den Eltern in eine Lehre zur Bürokauffrau drängen, die sie nach kurzer Zeit abbrach, ohne zu wissen, was sie tun will. Nach einem frei­willigen sozialen Jahr entschied sie sich, gegen den Willen ihrer Eltern, Erzieherin zu werden.

Auch I. 4 brach eine Lehre ab (Modegeschäft), und jobbte zunächst, bevor sie sich entschied, Erzieherin zu werden. Den Ausschlag gaben Kindheitserinnerungen: „Es waren keine großen, edlen Motive (…), sondern (…) so eine Art Rückbesinnung auf das, (…) wo ich mich mal wohl gefühlt habe.“

Auch I. 19 sieht zwischen seinen eigenen Kindheitserfahrungen und seiner Berufsmotiva­tion einen Zusammenhang. Durch die Berufstä­tigkeit seiner Eltern war er zu Hause viel allein. Diese Erfahrung wertet er als Auslöser dafür, sich nun um andere Kinder zu kümmern.

Bei den anderen beiden Befragten hatten die Motive für eine Berufswahl mit dem gewählten Beruf noch nichts zu tun. Sie wollten „mög­lichst schnell auf eigenen Beinen stehen, mit Abi und Studium erschien mir das zu lang“(I. 2). Sie suchten Praxis, und da bot sich die ErzieherInnenausbildung mit Vorpraktikum an. „Ich wollte nicht gleich (…) voll arbeiten, wußte nicht so genau was ich für eine Ausbildung machen soll, und dann hab ich auch ganz schnell einen Praktikumsplatz bekommen.“(I 6).

Von den 20 Befragten haben sechs bereits Erfahrungen mit anderen Ausbildungen gemacht, bevor sie ErzieherIn wurden. Drei davon haben diese andere Ausbildung abgeschlossen.(I 8 und I 3 als Kinderpflegerin, I. 1 als Verwaltungsfachangestellte). Das Diplom als SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn wird für diese Gruppe der dritte Beruf sein.

Tabelle 1: Interviewte, die außer der Erzieherinnenausbildung noch eine weitere Ausbildung haben (6 N + 1x dopp. Ausb.)

Ausbildung Nennungen Bemerkung
Verwaltungsfach­angestellte 1
Kinderpflegerin 2
Lehre 1 ohne genauere An-gaben, abgebrochen
Krankengymnastin 1 abgebrochen (hatte bereits Ki.-pfl.-ausb.)
Theologiestudium 1 abgebrochen
Bürokauffrau 1 abgebrochen

3. Ausbildung und berufliche Erfahrung

Die Ausbildung zur ErzieherIn setzt sich aus einem Vorpraktikum ( 1-2 Jahre ), einer zwei­jährigen Fachschulausbildung und einem einjäh­rigen Anerkennungsjahr zusammen. Ausgebildet wird für die Bereiche Krippe, Kindergarten, Hort, Heim, Jugendarbeit.

3.1. Schulbildung

Zur Schulbildung lagen nicht von allen Befrag­ten Angaben vor. Um jedoch eine ErzieherIn­nenausbildung zu beginnen, ist der Realschul­abschluß oder eine abgeschlossene Berufsaus­bildung Voraussetzung.

Fünf der Befragten gaben an, vor ihrer Erzie­herInnenausbildung zunächst Abitur gemacht zu haben. Sieben begannen ihre Ausbildung mit Realschulabschluß. Aus dieser Gruppe holte eine ihr Abitur später nach, drei erlangten das Fachabitur während ihrer Fachschulausbildung, zwei holten ihr Fachabitur später nach, und ein Befragter gab an, die Studienzulassung über die Prüfung für besonders befähigte Berufstätige erlangt zu haben.

Tabelle 2: „Schulbildung“ ( 20 Angaben, Mehrfachqualifikation)

Schulbildung Nennungen
Realschule(o. nach d. 10. abgeg.)

7

Fachhochschulreife(Fachabitur)

5

Abitur

5 + 1

höhere Handelsschule

1

Hauswirtschaftsschule

1

3.2Vorpraktikum

Vierzehn der Befragten absolvierten ihr Vorpraktikum in einem Kindergarten, davon eine in einer integrativen Einrichtung, eine arbeitete vormittags im Kindergarten und nach­mittags im Hort, eine andere schloß noch ein zweites Jahr an, während dem sie in einem Heim und in einer Familie arbeitete.

Von dem anderen Teil der Befragten absol­vierte eine das erste Jahr bei der Lebenshilfe für geistig Behinderte, und das zweite Jahr in der Jugendverbandsarbeit; eine andere arbeitete in einem Internat in Namibia. Eine weitere absol­vierte ihre ErzieherInnenausbildung an der Waldorfschule. Dort gibt es kein Vorprakti­kum, sondern integrierte Praktika während einer dreijährigen Schulausbildung. Eine Be­fragte benötigte als Kinderpflegerin kein Vor­praktikum, zwei machten keine konkreten Angaben.

Während drei der Befragten sich zu ihren Erfahrungen im Vorpraktikum positiv äußer­ten, übten vier Kritik an der Kindergartenar­beit: Zwei bezeichneten sie als „anstrengend“ (I. 15, I. 18), zwei meinten „reicht mir nicht“ (I 10, I 14).

Tabelle 3: „Praktikum“ (24 Angaben + Mehrfachnennungen)

Einrichtung Nennungen
Freiwilliges soziales Jahr (ohne nähere Angaben) 2
Lebenshilfe (geistig Behinderte) 1
Bund deutscher Pfadfinder 1
Kindergarten 14
Heim (o. näh. Angaben) 1
Familienhilfe 2
offene Jugendarbeit 1
Rehazentrum 1
Internat in Namibia

1

3.3 Fachschule

Bis auf die Waldorferzieherin besuchten alle Befragten eine Fachschule für Sozialpädagogik, wobei drei angaben dort auch ihr Fachabitur erworben zu haben.

Die Frage nach der Einschätzung der Qualität der ErzieherInnenausbildung wurde nicht durchgängig gestellt, dennoch äußerten sich sieben der Befragten von sich aus zu Ausbil­dungsmängeln. Beklagt wurde zum einen die einseitige Gewichtung auf den Elementarbe­reich: „Für den Elementarbereich, denke ich, war die Ausbildung gut, (…) da wurde auch alles abgeklopft. Aber (…) was die Jugendar­beit betrifft, das war mir eigentlich zu wenig.“ (I. 10)

Zum anderen fühlten sich besonders diejenigen Befragten, die außerhalb der Elementarbereichs arbeiten wollten, auf ihre Praxis zu wenig vor­bereitet: „Von der Ausbildung her habe ich nicht genug mitgekriegt, da hätte ich noch mehr wissen müssen.“(I. 1)

„Es kam mir eigentlich, so im Ganzen gesehen, zu wenig rüber.“(I. 10)

„Zu wenig Inhalt, zu wenig Handwerkszeug hinterher in der Hand.“ (I. 15)

Tabelle 4: „Erzieherschule“ (16 Angaben)

Schule Nennungen
Göttinger FS Soz.-päd.

1

Warburger FS

2

Fachschule (ohne nähere Angaben)

3

Fröbelseminar, Kassel

4

Elisabeth-Knipping-Schule. Kassel

3

Ursulinenschule, Fritzlar

1

Erzieherschule in Bielefeld

1

Waldorfschule, Kassel

1

Ein Befragter fühlte sich als Mann zu wenig an­gesprochen : „Was gelehrt wird (…) ist schon fast frauenspezifisch.“ (I. 19).

Aber auch eine Befragte, die beide Praktika im Kindergarten absolvierte, fühlte sich nicht gut ausgebildet:

Wir (sind) nicht gut vorbereitet worden, weil viele Theorien überaltet waren und nicht neu überdacht wurden. Einige Lehrer waren schon weit raus aus der Praxis“ (I 18)

Zwei der Befragten kritisierten die Betreuung während des Anerkennungsjahres:

Damals war ich ziemlich verzweifelt, und hatte keinen richtigen Ansprechpartner.“ (I. 18), „Gespräche, die unbedingt hätten sein müssen, da war kaum Zeit für, und das war für mich ganz unbefriedigend, das Arbeiten.“ (I 20)

Eine Befragte spürte diese Ausbildungsmängel während ihrer Praxiserfahrung :

Daß ich da immer alleine für mich hingearbeitet habe, und immer das Gefühl hatte, ich bin eigentlich nicht kompetent jetzt schwierigen Kindern wirklich zu helfen.(…) Das ist auch ein Grund mit, warum ich an die Uni (…) gegangen bin, weil ich mich kompetenter machen möchte.“(I 2 ).

3.4 Anerkennungsjahr

Acht der Befragten absolvierten das Anerkennungsjahr im Kindergarten, davon hatten sieben ihr Vorpraktikum bereits im Kindergarten abgeleistet, die Achte hatte als Waldorfschülerin kein Vorpraktikum absolviert. Fünf arbeiteten während des Anerkennungsjahres im Heim (Jugendheim, Heim, Jugendhilfezentrum /Heim, psychagogisches Kinderheim / private Elterngruppe, Jugendwohnheim). Drei weitere arbeiteten mit Behinderten (Heim f. geist. behind. Gehörlose, Bethel, Einrichtung f. Behinderte). Weitere Angaben waren je einmal: Kinder- und Jugendpsychatrie, Jugendarbeit, Hort). Eine machte keine Angaben.

Die Erfahrungen während des Anerkennungsjahres wurden von acht Befragten als positiv bewertet, zwei sprachen sich eindeutig negativ aus: Jeweils eine kritisierte die Rahmenbedingungen (I. 20) und die unzureichende Teamarbeit (I. 17).

Die meisten Befragten versuchten in Vorprak­tikum und Anerkennungsjahr verschiedene Berufsfelder kennenzulernen, aber nicht alle konnten sich den Arbeitsbereich frei wählen:

Kindergarten wollte ich eigentlich nicht, aber bevor ich gar nichts mache, was bleibt mir anderes übrig“ (I 16)

Drei weitere Befragte, die ihr Anerkennungs­jahr im Kindergarten absolvierten, gaben an, daß sie ebenfalls lieber in einem anderen Bereich gearbeitet hätten: 2x Hort (I 6, I 4), 1x Jugendarbeit (I 8).

Aus der Gruppe der 9 Befragten, die sich schon früh bewußt für den Beruf „ErzieherIn“ entschieden hatten, hatten bis auf die Waldorfschülerin alle im Vorpraktikum Erfahrungen im Kindergarten gesammelt. Im Anerkennungsjahr wechselten 5 der Befragten in andere Bereiche. Nur noch 4 der Interviewten, für die Erzieherin der Traumberuf war, absolvierten ihr Anerkennungsjahr im Kindergarten. Im Zuge der Auswertung wurde sichtbar, daß die 4, die Vorpraktikum und Anerkennungsjahr im Kindergarten machten, zum Zeitpunkt der Befragung eine eindeutige Kindergartenabneigung formulierten:

bringt mir nichts, reicht mir nicht aus“ (I. 17 u. I 8)

ständige Reibereien und Konflikte (…) wären mir zuviel geworden“ (I. 12)

aber auf Zukunft gesehen oder auf Dauer würde ichs nicht unbedingt machen“ (I. 9)

Tabelle 5: „Anerkennungsjahr“ (19 Angaben)

Einrichtung Nennungen
Ki.- u. Jug.-Psychatrie

1

Jugendarbeit (-zentrum)

1

Ki.- u. Jug.-Heim

3

Kindergarten

8

priv. Elterngruppe + psychag.Ki.heim

1

Jugendwohngruppe

1

für geistig Behind./Gehörlose

2

Bethel“

1

Hort

1

Tabelle 6: Berufsmotivation: „wollte schon immer Erzieherin werden“ 9

Vorpraktikum Anerkennungsjahr Kiga-Abneigung Quelle
Kinderplfegerinnenausb. Jugendheim I 3
Kiga psychagogisches Ki.-Heim; private Elterngruppe I 7
Kinderpfl.-ausb.; Kiga Kiga ja I.8
Kiga Kiga ja I 9
Kiga; Heim; Familie Jugendwohngr. I 10
Kiga Kiga ja I 12
Kiga Bethel I 13
Waldorfschule (integr) Kiga ja I 17
Integrativ-Kiga Ki.- u. Jug.-Heim I 20

Gegen das Berufsfeld „Kindergarten“ bzw. die Arbeit mit kleinen Kindern wurde von 11 der Befragten deutliche Ablehnung geäußert. Zwei der Befragten gaben an, daß sie bereits vor ihrer Ausbildung wußten, daß sie nicht in diesem Bereich arbeiten möchten:

Ich möchte auch auf keinen Fall in den Kindergarten, (…) während der Ausbildung habe ich das auch immer irgendwie umgangen.“ (I. 11)

Bei anderen entwickelte sich eine Ablehnung oder auch ein gewisser Überdruß erst im Laufe der Praktika oder während einer langjährigen Berufserfahrung in diesem Bereich:

(Ich) wollte gerne aufhören mit der Kindergartenarbeit, weil es für mich zu einseitig war, wie ich das in der eingeschränkten Weise machen konnte, wollte eigentlich damit ganz aufhören, und mit Erwachsenen arbeiten.“ (I. 17)

Tabelle 7: „Kiga-Abneigung“ (16 Angaben)

Begründung Nennungen
generelles Desinteresse

6

zu unbefriedigend

3

zu anstrengend

1

zu langweilig

2

lieber woanders“

4

3.5 Berufsfelder

Die Zeitspanne zwischen dem Ende der Berufsausbildung und dem Studienbeginn lag zwischen 1 und 13 Jahren. Die Befragten waren im Durchschnitt ca. 6 Jahre als ErzieherIn tätig. Drei der Befragten machten keine Angaben über die Dauer ihrer Berufstätigkeit. 11 der Interviewten arbeiteten in der o.g. Zeitspanne in nur einem Berufsfeld und vier in zwei verschiedenen.

Übersicht zur Berufserfahrung bis zum Studium (bezieht sich auf Zeitspanne zwischen Ausbildungsende und Studienbeginn)

Kindergarten Jugendbereich (offene JA/Heim-bereich) Behinderten-bereich Hort Schule Spielgruppe

8

5

2

2

1

1

12 ( 60% ) unserer Befragten blieben nach ihrer Ausbildung in dem Berufsfeld, in dem sie auch ihr Anerkennungsjahr gemacht hatten. Zwei wechselten deutlich in ein neues Praxisfeld

Vier der insgesamt 20 Befragten nahmen nach Abschluß der Ausbildung (nach Anerkennungsjahr) direkt ihr Studium auf, eine Befragte war zunächst ein Jahr arbeitslos und ging dann an die Uni.(vgl. I 1 u. I 8 in nachfolgender Gesamtübersicht).

Tabelle 8: „berufliche Sozialisation“

Quelle( P ) Schulabschluß Vorpraktikum / Anerkennungsjahr Abschluß Berufsfeld(er) Studienbe-ginn Finanzierung (d. Studiums) Bemerkungen

1

Realschule Kiga, Hort / Ki.- u. Jug.-psychatrie

1992

Integrationsklasse Grundschule

1995

Bafög, Wochenmarkt Fachabi gleichzeitig mit Ausbildung

2

Lebenshilfe, Jugendverbandsarbeit / Jugendarbeit

1985

offene Jugendarbeit

1994

Jugendzentrum Zusatzausbild.: Diakonin, Spiel- u. Theaterpäd.

3

Kinderpflegerin / Jugendheim

1981

Verselbständigungsgruppe Jugendheim

1994

Außenwohngruppe Kinderpfl.ausbild.

4

Realschule Kiga / Kiga

?

Springkraft Kiga, Hort

?

Kinderhaus später Abi nachgemacht

5

? / Jugendhifezentrum, Heim

1986

Jugendheim, Wohngruppe

1993

Jugendheim

6

Abitur Kiga / Kiga

1986

Kiga, Aussiedlerwohnheim

1994

Aussiedlerwohnheim

7

Realschule, Hauswirtschaftsschule Kiga / psychagogisches Ki.heim, priv. Elterngruppe

1990

Elterninitiative (Kiga)

1993

Kiga, Hort, Einzelintegration, Vertretungen
Quelle( P ) Schulabschluß Vorpraktikum / Anerkennungsjahr Abschluß Berufsfeld(er) Studienbe-ginn Finanzierung (d. Studiums) Bemerkungen

8

Kiga / Kiga

1982

Jugendwohngruppe

a)1987

b)1990

Jugendheim Kinderpfl.ausbild.

9

Realschule Kiga / Kiga

1990

Kiga

1994

? Fachabi nach Ausbild nachgeholt

10

Abitur Kiga,Heim, Familie / Jugendwohngruppe

?

arbeitslos, Vertretung

?

Jugendwohngruppe nach 1 Jahr Arbeitslosigkeit direkt an Uni

11

Realschule, höhere Handelsschule Internat Namibia / Heim f. geistig behind. Gehörlose

?

direkt an die Uni

?

? Fachabi gleichzeitig mit Ausbild.

12

Kiga / Kiga

1988

Kita

1993

Aushilfe im Kiga

13

Realschule Kiga / Bethel

?

Schwerstbehind.arbeit, Kiga

?

Einzelbetreuung, JA, Vertretung in Kiga Fachabi gleichzeitig mit Ausbild.

14

Abitur Kiga / Hort

?

Integrationskraft f. ausländ. Kinder im Hort

1994

Integr. f. ausl. Ki. Hort

15

Abitur Kiga / Einricht. f. geistig Behind.

1995

direkt an die Uni

1995

Einricht. f. geistig Behind.
Quelle( P ) Schulabschluß Vorpraktikum / Anerkennungsjahr Abschluß Berufsfeld(er) Studienbe-ginn Finanzierung (d. Studiums) Bemerkungen

16

Realschule Kiga / Kiga

1993

Kiga

1994

? Fachabi nach Ausbild nachgeholt

17

Abitur (Waldorf) —– / Kiga

1983

Kiga, Spielgruppe

1994

private Spielgruppen

18

? Kiga / Kiga

1991

direkt an die Uni

1991

Kinderschutzbund, Hilfskraft an Uni

19

Realschule ?

1982

Jugendarbeit, Heim f. geistigbehind. Erwachsene

1995

Heim f. geistgbehind. Erwachsene Prüfung für besonders Berufsbefähigte

20

? Integrativkiga / Heim

1994

direkt an die Uni

1994

?

4. Arbeitsbedingungen / Kritik an der Arbeit

Bis auf eine Ausnahme äußerten alle Befragten in irgendeiner Form Kritik an den Arbeitsbedingungen während ihrer Tätigkeit als ErzieherIn (einschl. Anerkennungsjahr). Die Kritik bezogt sich auf die Belastungen durch die Arbeit selbst, durch die Arbeitsbedingungen, den Schichtdienst. Weitere Kritikpunkte waren mangelnde Fortbildungs- und Reflexionsmöglichkeiten, fehlende Anerkennung und fehlende Aufstiegschancen

4.1 Arbeitsbelastungen

Diese Belastungen wurden unabhängig von Alter, Geschlecht oder eigener Kinderzahl geäußert. Sie schienen nicht primär vom jeweiligen Klientel verursacht (3 Nennungen):

Ich hab ganz große Probleme damit (…) das die sich an mir (…) abarbeiten, und mit mir so alle Kämpfe ausfechten, die sie an der Arbeitsstelle, im Elternhaus ect. nicht ausfechten können.“ (I. 2),

„Viele Aggressionen, viel Unruhe, (….)Wenn ich nur auf Toilette gegangen bin, da kam ich zurück, da hat einer geblutet, das wußte ich schon vorher.“ (I. 6),

„…die (Kinder) waren schon teilweise gewalttätig, so das man wirklich auch allein körperlich viel mehr Einsatz zeigen mußte.“ (I. 7).

Schwierigkeiten mit den Eltern der Kinder wurden von einer Befragten geäußert:

“ Das war sehr schwierig mit denen (den Eltern d.V.) ein Gespräch zuführen. Man hatte das Gefühl die interessiert es erstmal überhaupt nicht.“ (I. 20).

Am häufigsten wurden Konflikte im Team bemängelt ( zwölf Nennungen ). Eine Befragte zum Beispiel, hatte

ein zersplittertes Team erlebt, wo jeder so für sich hingewuselt hat, (…) .Streß war für mich weniger die Lautstärke der Kinder, sondern eher das betretene Schweigen der Erzieherinnen.“ (I 18).

Von diesen zwölf Nennungen zu Konflikten im Team, hatten sechs Unterschiede in Zielen, Vorstellungen und Engagement unter den MitarbeiterInnen zum Thema, die sechs anderen befaßten sich mit Hierarchieproblemen ( 5x Konflikte mit der Leitung, 1x Unterschiede zwischen GruppenleiterInen und Zweitkräften mit gleicher Ausbildung )

Einrichtungsbedingte Rahmenbedingungen, wie Personalschlüssel, Gruppengröße, oder Räumlichkeiten, die ja eng zusammenhängen, wurden von neun Befragten als Problem benannt. Diese Nennungen bezogen sich zum überwiegenden Teil auf die Arbeit im Kindergartenbereich:

“ 26 Kinder in einem Raum ist immer noch ein Horror für mich. Ich denke, da ist so die Schallgrenze maximal zwanzig, was du verkraften kannst.“(I. 19).

Von neun Befragten wurden die Arbeitsbedingungen bzw., Arbeitserfahrungen allgemein kritisiert ,so zum Beispiel „…das ständige Reiben mit den Verhältnissen, das akzeptieren müssen von manchen Dingen.“ (I. 2).

„…Kindergarten zum Beispiel, hat mich viel mehr belastet als jemals die Arbeit mit Jugendlichen im Schichtdienst.“( I 8 )

„( Das Arbeiten ) war für mich sehr anstrengend und auch unbefriedigend.“ ( I 20 ).

Krankheit wurde als Problem erlebt. Das betraf die eigene Krankheit und auch die Krankheit von KollegInnen:

„Wenn ich bestimmte Projekte plane, und dann zwischendurch krank werde, dann fällt meine Arbeit wie ein Kartenhaus zusammen.“( I 2).

„…(die Erzieherinnen) haben teilweise mit letzter Kraft gearbeitet, (…) sie konnten sich gar nicht auskurieren, haben Krankheiten also immer wieder verschleppt. (…).Ich konnte auch nicht krank werden in diesem Kindergarten, auch wenn ich krank war, ich durfte nicht krank werden.“( I 18 ).

„…also die (Kollegin) war ständig krank, (…), und da war ich fast die ganze Zeit alleine.“( I 6)

Konkrete Krankheiten oder allgemeine Krankheitserscheinungen wurden von elf Befragten aufgezählt: Rückenprobleme waren mit drei Nennungen die häufigsten Krankheitssymptome, desweiteren wurden Kinderkrankheiten (Masern, Windpocken), psychosomatische Beschwerden (Müdigkeit, Nervosität, Bauchschmerzen) und Stimmenverlust angegeben.

4.2 Schichtdienst

Erfahrungen mit Schichtdienst wurden von zehn der Befragten angegeben. Zwei äußerten sich eindeutig positiv:

„…jeden Morgen um sieben aufzustehen, das ist eigentlich nicht so mein Ding. Von daher hab ich so mit Schichtdienst keine Probleme, das war eigentlich immer besser als das Normale.“ ( I. 8 ).

„…dieser Schichtdienst hat mir sehr gut gefallen.“ ( I. 13 )

Zwei äußerten sich eindeutig negativ :

„...weil überhaupt kein Rhythmus drin war, nichts. Und das fand ich halt schon sehr stressig. Und dann war das so, daß ich ganz, ganz müde war immer, und auch wirklich total geschafft. Die letzte Zeit war es schon so, daß ich dann wirklich gedacht hab, so kann ich jetzt nicht mehr, meine Kräfte sind irgendwie alle dahingeschwunden, ich hab jetzt alles verbraucht. ( I. 20 ).

Für den anderen war der Schichtdienst sogar ein Motiv für die Aufnahme des Studiums. Auf die Frage: Und warum studierst du jetzt? , antwortete er:

“ Um irgendwann mal so aus dem Heimbereich rauszukommen, das heißt, nicht unbedingt aus dem Heimbereich, aber aus diesem Schichtdienst.“ (I. 5 ).

Die anderen Befragten äußerten sich eher ambivalent, wogen Vor- und Nachteile ab. Vorteile wurden in der variablen Zeiteinteilung gesehen, als Nachteile wurden hauptsächlich negative Auswirkungen auf Beziehungen und Freundschaften genannt:

„Und dann ist es natürlich auch viel schöner, sich auch mal vormittags zu treffen. Man hat mehr Zeit tagsüber.“ …“ Sich abends zu verabreden, also das ist dann eher das, was schwierig ist.“ ( I. 15 )

(Es gab) auch viele Tränen in diesem Jahr, weil einfach das Privatleben absolut brach lag. Freundschaften sind sowieso schwer zu pflegen bei diesen Arbeitszeiten.“ ( I. 10 )

„Es ist halt so: wenn Männer und Frauen zusammenarbeiten und das Büro gleichzeitig das Schlafzimmer ist, entstehen rege Kontakte, um das vorsichtig auszudrücken. Es war halt dann schon so, daß innerhalb dieser Zeit relativ viel Beziehungen zerbrochen sind und neue entstanden sind.“ (I 19 )

4.3Fortbildung / Reflexion

Mangelnde Fortbildungs- oder Reflexionsmöglichkeiten wurden von sieben der Befragten beklagt. Hierbei schienen auch das jeweilige Klima im Team und die Rahmenbedingungen in der Einrichtung von Bedeutung zu sein:

„Im Prinzip habe ich niemanden mit dem ich meine Arbeit reflektieren kann.“ ( I. 17 )

„…so richtig Austausch findet nicht statt, jeder arbeitet für sich alleine irgendwo…“

(I. 7 )

„Ich hab vielleicht Probleme mit dem Bewohner. Wieso hab ich die? Diese Diskussionen werden (…) ganz, ganz selten geführt. Weil da mußt du ja an die Substanz. Wieso läufts bei dir nicht, wenn’s bei den anderen läuft? Ich denke (damit sind ) ganz viel Ängste (…) verbunden.“( I. 19)

Supervision wäre hier nicht verkehrt gewesen.“ (I. 18)

Eine der Befragten fand, daß die “ Fortbildungen viel zu unzureichend sind.“ ( I. 4 ).

Eine andere beklagte, daß sie, wegen der in ihrer Einrichtung herrschenden Rahmenbedingungen, nicht an Fortbildungen teilnehmen konnte:

Ich habe bisher in den letzten zehn Jahren eine einzige Fortbildung gemacht. das lag (…) daran, das keine Zeit war, aus dem Betrieb rauszugehen, weil dann die Kollegen oder Kolleginnen Dienst hätten übernehmen müssen, was zu einem Übermaß an Überstunden führt.“ ( I. 5 ).

Zwei der Befragten waren mit ihren Reflexionsmöglichkeiten zufrieden. Eine hatte „..oft viel mit der Leiterin zu zweit aufgearbeitet.“ (I. 6)

Die andere hatte an verschiedenen Praxisstellen unterschiedliche Erfahrungen gemacht: „Und ich hab erst in meiner letzten Arbeitsstelle erlebt, daß sich überhaupt mit der eigenen Persönlichkeit auseinandergesetzt wurde.“ (I. 12).

4.4Anerkennung / Öffentliches Bild

Von den 20 Befragten äußerten sich sieben dazu, ob sie sich in ihrem Beruf anerkannt fühlten. Demnach bekamen sie Anerkennung nur von ihrem Klientel oder ihren Kolleginnen. (Kinder: I. 2, I. 13; Eltern: I. 7, I. 13, I. 14; Kolleginnen I. 13). Eine empfand die Anerkennung insgesamt als eher zu wenig, eine kritisierte, das Erfahrungen nicht anerkannt wurden :

„Eine Frau, die zwanzig Jahre lang Arbeit gemacht hat im Kitabereich, mit Kindern, mit Eltern, die kann auch mal Familienbetreuung machen, das wird denen nicht zugetraut.“(I. 4 )

Eine weitere bezeichnete die finanzielle Anerkennung als zu gering, im Verhältnis zur Ausbildungsdauer:

„Ich meine die Ausbildung dauert fünf Jahre, in der Zeit könnte man gut was anderes studieren und ich denke mir, dafür ist es einfach zu wenig. Zu wenig Geld …( I. 20 ).

Sieben der Befragten machten Angaben darüber, wie sie das Bild der ErzieherIn in der Öffentlichkeit einschätzen. Alle gaben negative Einschätzungen wieder. Wenig öffentliches Interesse an der Arbeit benannte eine der Befragten (I. 2 ), einer bemängelte das frauenspezifische Berufsbild in der Öffentlichkeit ( I. 19 ):

„…gerade auch als Mann, wenn man sagt: man ist Erzieher, wird man wahrscheinlich auch unterschiedlich angesehen. (…). Es ist schon dieses Bild eines Erziehers (…) (es) ist schon fast frauenspezifisch.“ ( I. 19).

Eine gab an, diese negativen Einschätzungen seien abhängig vom jeweiligen Berufsfeld, wobei der Kindergartenbereich ganz unten rangiere. Vier weitere empfanden ebenfalls speziell die Arbeit im Kindergartenbereich als negativ bewertet:

(…) was ist das überhaupt für ein Beruf, eine Tante, die mit Kindern spielt und so, die üblichen Klischees.“ (I. 18)

(…) allein das Wort ‚Kindergärtnerin‘ , das ist so die nette Spieletante, das kann im Prinzip jeder, und kein Problem, so ein bißchen rumspielen mit den Kinder. Das hab ich also so viel erlebt im Umkreis, was mich immer unheimlich gestört hat, weil es halt wirklich nicht so ist.“ (I. 7)

4.5 Aufstiegschancen

11 der 20 Befragten machten eindeutig negative Aussagen bezüglich der Aufstiegschancen bzw. ihrer beruflichen Perspektive. Die Befragten waren sich bewußt, das der ErzieherInnenberuf (vor allem im Kindergarten-/Heimbereich) ein „Sackgassenberuf“ ist, d.h. innerhalb der Berufshierarchie gibt es nur zwei Positionen: Erzieherin oder Leiterin. Im Bereich der offenen Jugendarbeit gibt es gar keine hierarchische Ebene untereinander und auch nur wenig ErzieherInnen. Die berufliche Perspektive scheint der Verbleib im Berufsfeld bis zur Rente. Die Möglichkeit des Wechsels in ein anderes Berufsfeld wurde erst mit der Entscheidung zum Studium realisiert, da keine/r der Befragten berichtete, vor Beginn des Studiums einen Wechsel in Erwägung gezogen zu haben.

Fünf von den 11en, die die Aufstiegschanchen bemängelt hatten arbeiteten in nur einem Berufsfeld ( I. 6, I. 7, I. 9, I. 14, I. 16; vergleiche Tabelle zu Berufsfeldern). 4 weitere gingen direkt nach der Ausbildung bzw. nach einem Jahr Arbeitslosigkeit an die Uni (I. 10, I. 15, I. 18, I. 20), ihnen sind die eingeschränkten Perspektiven bzw. die mangelnden Aufstiegschanchen bereits während der Ausbildung bewußt geworden.

Ich möchte nicht da sitzen und wissen, ich sitz`da jetzt bis ich sechzig bin, weil ich nichts anderes gemacht habe“ (I. 6).

Ja, als Erzieherin ist halt doch nicht viel, es ist der Kindergarten oder das Heim, aber da hört`s dann auch auf, das war`s dann “ (I. 7).

… und dann war mir sehr schnell klar, daß ich keine Aufstiegsmöglichkeiten hab, egal in welcher Form“ (I. 16).

… als Erzieher ist die Fahnenstange sehr schnell erreicht, das Ende“ (I. 10).

weil man mit Erzieherin halt nicht weit kommt. Man kommt nie in eine Position, außer daß man einen Kindergarten vielleicht noch leiten kann“ (I. 15).

Und da waren auch viele ältere Erzieherinnen (…) und (die) machten das halt schon zwanzig Jahre oder so und das war halt so“ (I. 20).

Tabelle 9 Arbeitsbelastungen / Kritik an der Arbeit

Zahlenschlüssel für Arbeitsbelastungen in folgender Tabelle:

1 = Klientel 4 =Rahmenbedingungen

2 = Eltern 5 =Krankheiten

3 = Kollegen/Team 6 =“Allgemein“

Quelle Alter Kinder Schicht-dienst Arbeitsbelastungen Reflexion / Fortbildung Aufstiegschancen= schlecht Anerkennung öffentl. Bild

1

28

ja

2

30

1 / 4 / 5 (Stimmenverlust)/ 6

zeitweise, eher von d. Kindern

wenig Interesse an d. Arbeit

3

40

1

(22)

ja

5 (Bauchschmerzen, Stimmprobleme) / 6

4

31

?

3 / 4 / 5 (Rücken, Sehnenscheid.)

zu wenig

bemängelt

Erfahrung wird nicht anerkannt

berufsfeldabhängig

5

35

1 (1Jahr)

ja

3 / 4

zu wenig

Quelle Alter Kinder Schicht-dienst Arbeitsbelastungen Reflexion / Fortbildung Aufstiegschancen= schlecht Anerkennung öffentl. Bild

6

32

1 / 3 / 4 / 5 (viel krank) /6

viel mit Leiterin,

bemängelt

7

25

2

(4 u.6)

ja

1 / 3

zu wenig

bemängelt

von Eltern

Spieltante“

8

?

?

ja

6

9

28

4 /5 (Rücken) / 6

bemängelt

teilweise, insgesamt eher zu wenig

negativ, geringer Status

10

?

?

ja

5 (müde)

bemängelt

11

?

?

3

12

27

3 / 5 (häufig krank) / 6

positiv

13

?

?

ja

von Kindern, Eltern, Kolleginnen

Quelle Alter Kinder Schicht-dienst Arbeitsbelastungen Reflexion / Fortbildung Aufstiegschancen= schlecht Anerkennung öffentl. Bild

14

25

4 / 5 („abgenutzt“)

bemängelt

von Eltern

15

?

ja

3 / 5 (Rücken)

bemängelt

nur Kindergärtnerin“

16

24

3 / 6

bemängelt

17

32

2 (8, 10)

3

zu wenig

18

29

3 / 4 / 5 (nicht aus-

kurieren können)

zu wenig

bemängelt

Spieltante“

19

33

ja

3 / 4 / 5 (Masern, Windpocken) / 6

zu wenig

bemängelt, Geld

frauenspezi-fische Arbeit

20

25

ja

2 / 3 / 4 / 6

zu wenig

bemängelt

finanz. zu gering im Verhältnis zur Ausbildungsdauer

5. Studium

Auch wenn die Befragten einen sehr unterschiedlichen beruflichen Erfahrungshintergrund haben, ähneln sich die Motive für die Aufnahme des Studiums und die mit dem Studium verbundenen Ziele und Erwartungen.

Bei der Betrachtung der Motive, die bei den Befragten zur Aufnahme eines Studiums führten, kristallisierten sich als wichtigste Entscheidungskriterien drei Bereiche heraus, die eng zusammenhängen.

  • mangelnde Aufstiegschancen und Perspektiven

  • zu wenig Möglichkeiten das Arbeitsfeld zu wechseln

  • der Wunsch das eigene Wissen, die eigenen Kompetenzen zu erweitern

Neun der Befragten gaben an, das Studium begonnen zu haben, weil sie einen Wechsel des Arbeitsfeldes anstrebten:

Im Kindergarten konnte ich es mir immer weniger vorstellen, mein Leben lang, bis zur Rente sozusagen, im Kindergarten zu arbeiten.“ ( I. 9 )

„...irgendwann sehnt man sich (…) auch mal nach einem anderen Klientel.“ ( I. 2 )

Sechsmal wurde der Wunsch nach Erweiterung des Wissens und der Kompetenzen als Grund genannt:

Das ist auch ein Grund mit, warum ich an die Uni (…) gegangen bin, weil ich mich kompetenter machen möchte. Also, weil es oftmals so nicht ausreicht.( I. 17).

Ich würde mich gern mal für einen Bereich richtig qualifizieren und dann auch da richtig kompetent sein.…( I. 2 ).

Mangelnde Aufstiegschancen, bzw. fehlende Perspektiven wurden dreimal als Motivation für ein Studium angegeben. Eng verbunden damit waren auch zwei Nennungen, die sich auf die schlechte Bezahlung als ErzieherIn bezogen:

„…wenn ich in zehn Jahren immer noch auf dem Bauteppich rumkrabbel, und mir geht es vielleicht nicht mehr so gut, oder ich kann die Kinder nicht mehr ab, dann steh ich da, da hab ich gedacht, da mußt du irgendwie noch was machen. Und da es so wenig Aufstiegsmöglichkeiten gibt, hab ich gedacht, da mußt du noch was tun.“ ( I. 4 ).

„…im Endeffekt kommst du mit dieser Erzieherausbildung auf eine mittlere Leitungsebene, und dann bin ich (…) zum Sozialwesenstudium gekommen.“ (I. 19 )

…weil ich es einfach unverschämt finde, daß Sozialpädagogen, die eigentlich das Gleiche machen wie Erzieher, doch wesentlich mehr Geld verdienen. Das hab ich dann doch nicht eingesehen, und wollte das gleich machen. ( I. 11 ).

Zwei der Befragten schienen die Entscheidung zum Studium eher unreflektiert getroffen zu haben:

„…es war mir nie klar, was ich machen würde, ich kam halt immer wie die Jungfrau zum Kind, vom Vorpraktikum bis jetzt hierher.“ ( I. 16 ).

…ich hab da den Halbtagsjob im Hort bekommen und dadurch bot sich das dann an. Hätte ich jetzt eine Ganztagsstelle genommen, dann weiß ich’s nicht, ob ich dann an der Uni angefangen hätte.“ ( I 14 ).

Tabelle 10 „Wechselmotivation“, vom Beruf zum Studium (26 Angaben, Mehrfachnennungen)

Wechselmotivation

Nennungen

Arbeitsfeld wechseln

9

Wissen erweitern

6

Aufstiegschancen/Perspektive

3

Bezahlung

2

Arbeitsbedingungen

1

sonstiges

5

5.2 Finanzierung

Zur Finanzierung ihres Studiums machten 16 der Befragten Angaben. Davon arbeiteten 15 als ErzieherIn weiter, vier davon als Vertretungen oder Aushilfen. Eine Befragte berichtete von ihren Problemen das Studium zu finanzieren:

Ich habe, als ich das Studium angefangen habe, viel gearbeitet, um mir das zu finanzieren. (…). Ich habe am Anfang nicht richtig studiert, ich habe eigentlich fast nur gearbeitet, habe bis zu fünf Jobs gehabt.“( I 18 ).

Tabelle 11 Studienfinanzierung (Mehrfachnennungen)

Finanzierung Nennungen
Bafög

1

Jobben

2

als Erzieher/in

15

5.2 Studienziele

Die Ziele, die die Befragten mit ihrem Studium verfolgten, hingen eng mit den genannten Motiven für die Aufnahme des Studiums zusammen. In der Regel wurden angestrebte Berufsfelder als Ziel genannt. Ganz konkrete Ziele verfolgten vier der Befragten. Eine wollte im Bereich Mädchen -und Frauenarbeit tätig sein, eine wollte eine Jugendwohngruppe eröffnen. Für diese angestrebten Tätigkeiten wurde die Qualifikation als ErzieherIn als nicht ausreichend bewertet. Eine hatte vor im Bereich der Gehörlosenpädagogik zu arbeiten, und empfand die Bezahlung als Erzieherin als zu gering. Die Vierte machte ein Magisterstudium und hatte den Wunsch zwischen Theorie und Praxis zu vermitteln.

Die meisten Befragten nannten mehrere Berufsfelder oder Ziele, oder relativierten ihre Angaben mit einem „eventuell“. Besonders häufig wurden die Bereiche Beratung und Therapie genannt (je 5 x). Als weitere Angaben zum Ziel des Studiums wurden je einmal gemacht: Qualifikation in einem Bereich, Kompetenz entwickeln, mehr Auswahl haben, andere Position, Weiterbildung. Eine Befragte machte keine Angaben zu ihrem Studiumsziel.( vgl. Tabelle.14 Tabelle zum Studium )

Tabelle 12 „Studiumsziel“ (16 Textbelege, Mehrfachnennungen)

Berufsfeld

Nennungen

Jugendarbeit

3

Mädchen- u. Frauenarbeit

2

Erwachsenenbildung

3

Leitungsposition in Kita

1

Wohngruppe

2

Gehörlosenpädagogik

1

Theorie/Praxis-Komb. ev. Forschung

1

Planung, Verwaltung

2

Therapie

5

Beratung

5

Einzel- / Gruppenbetreuung

1

Frühförderung

1

Dreizehn der Befragten machten Angaben über ihr Studium. Davon waren neun neben ihrem Studium als ErzieherIn berufstätig. Diese Gruppe der Studierenden mußte oft Prioritäten setzen, um Studium und Berufstätigkeit unter einen Hut zu bringen; ein gezieltes und effektives Vorgehen war dabei unerläßlich:

„…ich kann das Studium halt nicht voll durchziehen, das ist absolut nicht möglich. Man muß halt wirklich pragmatisch raus suchen, oder halt danach gehen, was interessiert mich, auch für meine jetzige Arbeit, was kann ich dafür auch raus ziehen aus dem Studium.“ ( I. 5 ).

„…ich konnte ja nicht jede Sache belegen, auf die ich gerade Bock hatte, sondern ich mußte schon gucken, was ist jetzt wirklich interessant für mich oder was kann mir auch wirklich was bringen.“ ( I. 8 ).

„Ich bin morgens an der Uni und von hier fahre ich sofort an die Arbeit, und dann geht es bis abends halb Elf durch, und das ist einfach anstrengend auf die Dauer.“ ( I. 10 ).

Drei der Befragten ( I. 8, I. 10, I. 15 ) sahen ihren Schwerpunkt eindeutig in ihrer Arbeit. Das Studium war für sie eher nachrangig:

„…die Arbeit ist für mich an erster Stelle und ich versuch das Studium nebenbei unterzukriegen.“( I. 15 ).

Die Suche nach einem theoretischen Hintergrund zu den praktischen Erfahrungen, bzw., die Aufarbeitung der Praxis nahm hier einen großen Raum ein ( 6 Nennungen).

Ja, das ist auch schon so’n Brocken, so’n Berg, den ich abarbeite, wo ich merke, also ohne das Studium komme ich eigentlich nicht weiter…“ ( I. 2 ).

“ …und vor allem kann ich so das theoretische Wissen aus meinen praktischen Erfahrungen (betrachten, d.V.), da bekomme ich oftmals noch so einen Hintergrund.“ ( I. 3 ).

Ebenfalls sechs Mal wurde Offenheit in Bezug auf Studienziele und -inhalte genannt.

Eine Befragte gab an, ihr Studium gezielt fachgeleitet zu planen ( I. 11 )

Eine andere Befragte empfand ihr Studium als „Luxus“:

Für mich ist ein Studium Luxus, das ist für mich eine Tür, die schon zugeschlagen war..“( I. 4 )

Tabelle 13: Einstellungen zum Studium (17 Aussagen)

Einstellung

Nennungen

suchen d. theoret. Hintergrund zu prakt. Erfahr.

6

offen

6

als Ausgleich zur Arbeit

1

Luxus“

1

nebensächlich

3

interessengeleitet

1

fach-/zielgerichtet

1

5.4 Kritik am Studium

Die Frage nach der Einschätzung der Qualität des Studienganges wurde nicht durchgängig gestellt, trotzdem äußerten fünf der Befragten negative Kritik. Vier davon empfanden den Studiengang als „zu einfach“, bzw. schätzten ihre ErzieherInnenausbildung, besonders auch im Vergleich mit dem Grundstudium, als effektiver ein.

Also das Grundstudium war für mich eher so ein Absitzen. Ich hatte nicht das Gefühl, da jetzt einen großen Input zu bekommen, (…) mit meiner Erzieherinnenausbildung hätte ich es mir auch schenken können.“ ( I. 10 ).

“ Ich fand die Ausbildung als Erzieherin wesentlich effektiver.(…). Man wurde besser betreut, gerade auch in den Praktika,…“( I. 11 ).

Auch die Strukturen des Studiums wurden von drei Befragten mehr oder weniger als Problem erlebt:

„Weil, diese Art des Lernens ist etwas sehr Ungewohntes für mich gewesen, so dieses (…) komm ich heut nicht, komm ich morgen vielleicht, und wenn ich nicht komme, ist es auch gut. (…) es fällt nicht auf, ob man da ist, oder ob man nicht da ist, ob es einem gut geht oder schlecht geht, es ist mir eigentlich zu groß.(…). Es war mir zu voll, gerade im Grundstudium war es noch sehr voll.“ ( I. 10 ).

„…diese eine Rechtsveranstaltung, (…), da bin ich dann irgendwann raus gegangen, weil ich es sehr sprunghaft fand, und überhaupt nicht systematisch aufgebaut, (…), auf jeden Fall wurden noch nicht mal grundlegende Begriffe erklärt, (…) entweder man wußte es, oder ich weiß auch nicht.“ ( I. 15 ).

Als positiv wurde von vielen Befragten die Möglichkeit einer theoretischen Aufarbeitung der Praxis bewertet ( vgl. Punkt 5.3 ), sowie die Möglichkeit, nebenbei berufstätig bleiben zu können.

Tabelle 13 „Kritik am Studiengang“ (8 Textbelege von 5 versch. Befragten: Mehrfachnennungen)

Kritikz

Nennungen

Studiengang „zu einfach“

4

Studiengang „zu überfüllt“

1

zu wenig „Fachpersonal“ in manchen Schwerpunkten (z.B. Gehörlosenpäd.)

1

zu wenig Betreuung

1

Veranstaltungen teilw. unsystematisch

2

zu einseitig (Schwerpunkte)

1

Tabelle 14 Vergleichende Tabelle zum Studium

Int. Nr.

Motivation (Wechselmotiv./Neuorientierung)

(Studiums-)Ziel

Rangehensweise

1

Wissen erweitern, Studienleben kennenlernen

evtl. Jugendarbeit oder Drogenberatung

2

Arbeitsfeld wechseln, anderes Klientel

Qualifikation in einem Bereich, Kompetenz entwickeln

Theorie zur Praxis kennenlernen

3

geistig flexibel bleiben

Mädchen- und Frauenarbeit weiter machen

offen, Theorie zur Praxis

4

Arbeitsfeld wechseln, Aufstiegschancen/Perspektive

evtl. Erwachsenenbildung, Tageswohngruppe, Kita-Leitung

Praxisausgleich, Luxus, theoret. Hintergrund

5

Arbeitsfeld wechseln, Schichtdienst

evtl. Familientherapie

gezielte Fundierung, Reflexion, Theorie zur Praxis

6

Arbeitsfeld wechseln

mehr Auswahl haben, mit ausländ. Jugendlichen arbeiten

7

Arbeitsfeld wechseln

Jugendamt, Erziehungsberatung, Musik-/Spieltherapie

8

Ausbildung abrunden, Weiterbildung

Jugendarbeit, Wohngruppe eröffnen

Theorie zur Praxis, „Teilzeitstudentin“

9

Arbeitsfeld wechseln

mit Kindern therapeutisch arbeiten, evtl. Kinder- u. Jugendpsychatrie

offen

Int. Nr.

Motivation (Wechselmotiv./Neuorientierung)

(Studiums-)Ziel

Rangehensweise

10

Arbeitsfeld wechseln, Arbeitslosigkeit beenden

Beratung, Fachschuldozentin

durchschlawienert“, offen, „Pflichter-füllung“, „Teilzeit-studentin“

11

Bezahlung

Gehörlosenpädagogik

fach-/zielgerichtet

12

Arbeitsfeld wechseln

(Magisterstudium) Forschung, Vermittlung zwischen Theorie und Praxis

13

Qualifikation für bestimmtes Berufsfeld/Arbeitsbereich

Mädchen- u. Frauenarbeit

14

Gelegenheit durch Halbtagsjob

evtl. Planung, Verwaltung

15

Aufstiegschancen/Pers-pektive

andere Position, Therapie

studiert nebenbei („Teilzeitstudium“)

16

Zufallsprinzip“, unreflektiert

offen,

17

Ausbildungsmängel, Kompetenzerweiterung

Familientherapie, Beratung

Theorie zur Praxis, offen

18

generelle Neuorientierung

Weiterbildung

interessengeleitet

19

Bezahlung, Aufstiegs-chancen

Arbeit mit Erwachsenen, Einzel-, Gruppenarbeit mit Auffälligen (Kinder/Jugendl.)

offen

20

Wissen erweitern, schlechte Arbeitsbedingungen

Erziehungsberatung oder Frühförderung

6. Ausblick

Im Zuge der Auswertung wurde deutlich, daß sich zwei wesentliche Motive für die Aufnahme eines Studiums herauskristallisierten. Ein wichtiges Motiv war die Erweiterung des Wissens, der eigenen Kompetenzen. Die ErzieherInnen beklagten sich über die Arbeitsbedingungen in ihren Einrichtungen, und sie fühlten sich dabei oft den Strukturen und Rahmenbedingungen hilflos ausgeliefert. Sie empfanden zum Teil eine deutliche Diskrepanz zwischen Ansprüchen und Möglichkeiten. Auf schwierige Situationen oder auf Praxisfelder außerhalb des Kindergartenbereiches fühlten sie sich oft nicht richtig vorbereitet, d.h. nicht kompetent genug. Besonders auch auf die wichtige Zusammenarbeit im Team, auf Möglichkeiten zur gemeinsamen Reflexion der Arbeit, schienen die Befragten während ihrer Erzieherausbildung nicht vorbereitet worden zu sein. Die Vorstellung „EinzelkämpferIn“ zu sein, und das Erleben der KollegInnen als KonkurrentInnen wurde oft deutlich. Hier wären Curriculum und die sehr verschulte Form der Fachschulausbildung kritisch zu betrachten. Auch die LeiterInnen scheinen auf ihre Aufgaben ungenügend vorbereitet zu sein. Hierarchiekonflikte wurden oft angesprochen. Ein weiteres wesentliches Motiv für die Aufnahme des Studiums lag darin, daß der ErzieherInnenberuf als Sackgasse erlebt wurde. Die Ausbildung ist praxisbezogen, und qualifiziert in der Regel für die Arbeit im Kindergartenbereich. Als mögliche Berufsfelder für ErzieherInnen werden angegeben: Krippe, Kindergarten, Hort, Heimbereich, Arbeit mit Behinderten, Jugendarbeit. Diese propagierte Vielfalt relativiert sich in der Praxis aber sehr stark. Faktisch liegen die meisten Praxisstellen im Kindergartenbereich, besonders nach dem flächendeckenden Ausbau dieser Einrichtungen und dem Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Auch im öffentlichen Bild werden ErzieherInnen am ehesten mit der Arbeit im Kindergarten in Verbindung gebracht. ErzieherIn = KindergärtnerIn.

Die von uns Befragten woll(t)en in der Mehrzahl nicht im Kindergartenbereich arbeiten. Während noch vierzehn ihr Vorpraktikum im Kindergarten absolvierten, waren es während des Anerkennungsjahres nur noch acht, und aus dieser Gruppe gaben vier an, daß sie das Anerkennungsjahr lieber in einem anderen Berufsfeld absolviert hätten. Von diesen acht Befragten arbeiteten trotzdem sieben auch nach Beendigung der Berufsausbildung im Kindergartenbereich weiter. Der Wechsel in ein anderes Berufsfeld scheint schwierig zu sein. Auch von den anderen Befragten blieben fast alle in dem Berufsfeld, in dem sie ihr Anerkennungsjahr absolviert hatten. Während des Studiums arbeiteten nur noch fünf Befragte im Kindergartenbereich, davon drei als Vertretungskräfte.

Die Aufstiegschancen im ErzieherInnenberuf sind sehr schlecht. Im Kindergartenbereich ist die Leitungsposition die einzige Aufstiegsmöglichkeit. Hier findet aber zunehmend, besonders in größeren Einrichtungen, eine Verdrängung durch SozialpädagogInnen statt. In Einrichtungen anderer Berufsfelder stehen ErzieherInnen oft am Ende der Hierarchie und der Besoldungsgruppe der Fachkräfte.

Angebotene Fortbildungen, soweit sie besucht werden können, erweitern zwar persönliches Wissen, sind aber kein Qualifikationsnachweis für besser bezahlte Stellen. Mangelnde Perspektiven und der Wunsch das Berufsfeld zu wechseln, und in Bereichen zu arbeiten, für die die ErzieherInnenausbildung nicht ausreicht, oder einfach eine bessere Position zu erlangen, lassen das Studium als Ausweg aus der Sackgasse erscheinen, als einzige Möglichkeit sich effektiv weiterzuqualifizieren.

Die überwiegende Mehrzahl der Befragten ( 15 ) geben an, neben ihrem Studium weiter als ErzieherIn berufstätig zu sein. Für einige von ihnen steht der Beruf im Vordergrund, und das Studium muß „nebenbei“ untergebracht werden, was oft zu großen Belastungen, aber auch zu einer sehr bewußten, zielgerichteten Auswahl der Veranstaltungen und zu einem effektiven Arbeitsstil führen kann. Sie erwarten vom Studium eine Aufarbeitung, eine Reflexion ihrer Praxiserfahrungen, wollen ihre Ausbildung abrunden bzw. auf ihre Ausbildung aufbauen Die Frage stellt sich, ob der als Vollzeitstudium für „Normal-studenten“ ohne Praxiserfahrung konzipierte Studiengang diesen Erwartungen gerecht wird.